Immer noch wegweisend: Aus den Anfängen von Fundament

Mit dem Bau ihres Hauses für gemeinschaftliches Wohnen auf dem Naxosgelände  ist die Genossenschaft Fundament mitten drin in einem anspruchsvollen Projekt. Es fordert alle Kräfte der Mitglieder. Da lohnt es sich, einmal inne zu halten und die Vergangenheit Revue passieren zu lassen. Das Naxos-Projekt ist das zweite Haus der Genossenschaft, die 2005 gegründet wurde und seither „ein rasantes Tempo“ vorgelegt hat, wie Herbert Bauch, erst Vorstands- heute Aufsichtsratsmitglied, in seinem Artikel „Fundament dient als Dach“ schreibt. Der Bericht ist im Heft II/2007 der Wohnbund-Informationen erschienen, in dem Wohnprojekte und nachbarschaftliches Wohnen in Hessen vorgestellt werden. Herbert Bauchs Bericht aus den Anfängen ist immer noch wegweisend.


FUNDAMENT dient als Dach


Gründung: „Auf die Plätze-fertig-los!“

Die Baugenossenschaft FUNDAMENT bauen wohnen leben eG ist eine junge Gründung. Die erste Zusammenkunft von Interessierten fand im Frühjahr 2005 statt. Arbeitsgruppen wurden gebildet: Satzung, Finanzen, Öffentlichkeitsarbeit, Koordination. Weitere Treffen folgten in regelmäßigen Abständen. Ursprüngliche Prämisse der Initiatoren war, die Gründung einer Genossenschaft erst dann in die Wege zu leiten, wenn 100 Interessierte verbindlich ihren Willen zur Gründung bekundeten oder ein Startkapital von 500.000 EUR zusammen gekommen war. Mitmachen sollen - so die Intention:


  • Menschen, die solidarisch miteinander und füreinander leben wollen.

  • Menschen, die ökologisch bauen oder sanieren bzw. renovieren wollen, aber alleine finanziell dazu nicht in der Lage sind.

  • Menschen, die gerne mit anpacken bei Planung, Organisation und Bau der Wohnungen bzw. beideren Innenausbau.

  • Menschen, die ihr Geld nachhaltig investieren wollen und dafür bereit sind, auf hohe Renditen zu verzichten. Menschen, die in Zukunft anders wohnen und leben wollen.

FUNDAMENT wurde als Dach für diesen Personenkreis gegründet, unter dem sich einzelne Bauprojekte mit Menschen unterschiedlicher Lebensplanung zusammen finden können. Das Auslaufen der Eigenheimzulage zum Jahresende 2005 und die Chance, ein städtisches Grundstück - letztes in einer attraktiven Stadtrandlage - in Erbpacht zu erhalten, führten zu einem Paradigmenwechsel. Jetzt wurde die Gründung auch mit deutlich weniger Mitgliedern und geringerem Startkapital angestrebt und entsprechend forciert. Sie erfolgte im Hochsommer 2005 und der Eintrag ins Genossenschaftsregister rechtzeitig zum Ende des Jahres. FUNDAMENT zählte zu diesem Zeitpunkt etwa 70 Mitglieder.


Das erste Projekt: für junge Familien

Zuvor hatte sich bereits eine Gruppe jüngerer Interessenten und Interessentinnen zusammen gefunden, die sich ein gemeinschaftliches Wohnen „auf der grünen Wiese“ vorstellen konnten. Junge Familien, Paare mit Kindern, kurz: die Projektgruppe „Frankfurter Familien“. FUNDAMENT erhielt das kommunale Grundstück im Stadtteil Preungesheim und konnte durch politischen Druck erreichen, dass den zukünftigen Bewohnern und Bewohnerinnen ein „Kinder-Rabatt“ auf die Erbpacht zugestanden wurde, der ursprünglich nur für privates Wohneigentum vorgesehen war. Die Rabattierung wird von der Genossenschaft an die „Frankfurter Familien“ weitergegeben.

Gemeinsam mit der Projektgruppe lobte die Genossenschaft einen beschränkten 2-stufigen Wettbewerb für das Grundstück aus. Im März 2006 entschied sich die Gruppe für den Entwurf der Frankfurter Architektengemeinschaft bb22, der ein Gebäude für acht Familien mit Gemeinschaftsgarten, Tiefgarage, Gemeinschaftsräumen und privaten Balkonen bzw. Dachterrassen vorsah. Der erste Spatenstich erfolgte im September 2006.

Es zeigte sich, dass einzelne Gruppenmitglieder, obwohl als Baugenossen und Baugenossinnen an der Planung mitbeteiligt, noch Diskussionsbedarf hatten. Dies führte zum Ausscheiden einer Familie aus dem Projekt. Die mündliche Zusage, in dem Haus, das mitgeplant wurde, wohnen zu wollen, wird bei Folgeprojekten nicht mehr genügen. Zukünftig werden vorab klare Verbindlichkeiten zu verabreden sein. Richtfest wurde im April 2007 gefeiert. Heute steht das „Niedrigenergiehaus“ (Standard „KfW 40“), das auch über eine Regenwasserzisterne verfügt, kurz vor dem Erstbezug.

Alle einziehenden Genossenschaftsmitglieder haben 200 Arbeitsstunden an Eigenleistung erbracht – so wie es die Satzung von FUNDAMENT vorsieht. Schwierigkeiten beim Eintakten der Eigenleistungen, so z.B. bei der Verlegung von Trittschalldämmungen in den Arbeitsablauf der beteiligten Handwerksfirmen, waren dabei wohl unvermeidlich; letztlich konnten sie zur Zufriedenheit aller am Bau Beteiligten gelöst werden.

Die Finanzierung des Projektes erfolgte über Bank- und KfW-Kredite bei einer Eigenkapitalsquote von über 60 %. Das Eigenkapital setzt sich aus den Genossenschaftsanteilen (je 25 Anteile zu 200 EUR pro Mitglied) und aus Zinsbausteinen zusammen. Bei Nachfolgeprojekten wird strikt darauf zu achten sein, dass zugesagte Zinsbausteine auch tatsächlich gezeichnet werden.


„Auf Naxos ist für alle Platz“

Schon früh hatte sich neben der Projektgruppe „Frankfurter Familien“ eine zweite und zahlenmäßig recht große Gruppe gebildet, die nicht in Stadtrandlage wohnen möchte, sondern „mittendrin“. Ihre Mitglieder sind älter, häufig im Rentenalter oder kurz davor. Sie möchten die Vorteile der Nähe zur Innenstadt nicht missen und am urbanen Leben teilnehmen. Aus dieser Gruppe heraus entwickelte sich die Projektgruppe „Naxos“.

Das Naxos-Gelände - auf ihm befindet sich eine ehemalige Fabrikanlage - wurde 2006 städtisches Eigentum und war für eine Luxus-Bebauung vorgesehen. Der Leiter des Liegenschaftsamtes, Alfred Gangel, wurde in der Frankfurter Rundschau vom 22. 02.2006 mit den Worten zitiert: „Wir wollen hochwertige Eigentumswohnungen in dieser fantastischen Lage.“ Dieses Gelände, das war der Gruppe schnell klar, eignet sich hervorragend für gemeinschaftliches Wohnen.

FUNDAMENT ging in die Offensive: Machte erneut politischen Druck, forderte, dass ein Teil des Areals für genossenschaftliches Wohnen zur Verfügung gestellt werden solle, sprach gezielt Kommunalpolitiker an, stellte Öffentlichkeit durch Pressemitteilungen und zwei Informationsveranstaltungen her, die unter dem Motto „Auf Naxos ist für alle Platz“ in der denkmalgeschützten Naxos- Halle statt fanden.

Die Halle dient seit dem Jahr 2000 dem Theater von Willy Praml als Spielstätte. In Praml hatte die Gruppe einen Verbündeten gefunden. Die Frankfurter Stadtverordnetenversammlung fasste im Oktober 2006 den Beschluss, dass mindestens ein Drittel der für eine Wohnbebauung vorgesehenen Geländefl äche für gemeinschaftliche und/oder genossenschaftliche Wohnprojekte bereitzustellen ist. Eine Bebauung des städtischen Areals nur mit Luxus- und Eigentumswohnungen soll dadurch vermieden werden.

Ansprechpartner für die künftige Entwicklung von gemeinschaftlichen bzw. genossenschaftlichen Wohnprojekten soll nach dem Beschluss der Stadtverordneten das „Netzwerk Frankfurt für gemeinschaftliches Wohnen“ sein, in dem auch FUNDAMENT Mitglied ist. Ob Frankfurts jüngste und kleinste Baugenossenschaft (sie ist mittlerweile auf 110 Mitglieder angewachsen) jedoch zum Zuge kommt, hängt nicht zuletzt vom Grundstückspreis ab. Denn nur wenn die Stadt ihre Flächen unter dem Marktwert an gemeinschaftliche Wohnprojekte vergibt und kein kostspieliger Architekten- Wettbewerb ausgeschrieben wird, besitzt FUNDAMENT eine realistische Chance.

 Ausblick

Das rasante Tempo, das bisher das Wirken von FUNDAMENT bestimmte, wird in Zukunft kaum durchzuhalten sein. Die künftige „Langsamkeit“ bietet hoffentlich die Chance, mehr Zeit für gründliche Reflexionen und Diskussionen in allen Bereichen zur Verfügung zu haben. Einige Beispiele mögen das bisherige „Getriebenwerden“ sowie die daraus resultierenden Problembereiche verdeutlichen.

So haben z.B. zwei Vorstandsmitglieder das komplette Management für das erste Wohnprojekt ehrenamtlich gestemmt (der gesamte vierköpfige Vorstand arbeitet ehrenamtlich) und durch sein Engagement die Gesamtkosten um rund 50.000 EUR reduziert. Das wird bei einem Nachfolgeprojekt nicht mehr leistbar sein.

Die „Naxos-Gruppe“, bisher vorrangig mit der Durchsetzung politischer Weichenstellungen für alternatives Wohnen auf dem alten Fabrikgelände beschäftigt, muss nun ein konsensfähiges Konzept erarbeiten, das ökologische, soziale und kulturelle Ziele für gemeinschaftliches Wohnen auf Naxos definiert und zum Inhalt hat. Dazu gehören: sparsamer Umgang mit Wohnfläche, Gemeinschaftsräume, Gästeappartement, Car-Sharing und damit möglichst wenige PKW-Stellplätze, generationsübergreifendes Wohnen Ja oder Nein (in der jetzigen Zusammensetzung überwiegen die Älteren), gegenseitige Unterstützung im Alltag und in Notlagen, Durchmischung der Bewohner und Bewohnerinnen auch in finanzieller Hinsicht oder bei Wohnformen (WGs), Zusammenarbeit mit der alternativen Kulturszene auf dem Areal (neben dem Theater nutzt noch ein Kabarett die alten Gebäude), soziale und kulturelle Kontakte in den Stadtteil hinein.


Ausbau der innergenossenschaftlichen Demokratie

FUNDAMENT besitzt einen Beirat als ständiges Vertretungsorgan der Genossenschaftsmitglieder gegenüber Vorstand und Aufsichtsrat. Ihm gehören zurzeit nur die auf der Mitgliederversammlung gewählten Vertreter und Vertreterinnen an sowie aus den Projektgruppen entsandte Mitglieder, die ohne Stimmrecht sind. In Zukunft wird dem Beirat ebenfalls ein gewählter Sprecher bzw. Sprecherin der ersten Hausgemeinschaft mit Stimmrecht angehören. Hier ist auch über zusätzliche Mitbestimmungs- bzw. Selbstverwaltungsmöglichkeiten der „Frankfurter Familien“ im Rahmen der Baugenossenschaft – und im Hinblick auf weitere Wohngruppen – nachzudenken.